hoch hinauf – tief hinunter

2020

...hoch hinauf in die Anden bis 4300 m – und tief in den Süden hinunter bis Feuerland

Die letzten Jahre mit Harald waren Reisejahre zu unzähligen Destinationen über 4 Kontinente. Doch jetzt trennen sich unsere (Reise)Wege und (Lebens-) Abenteuer. Mein nächstes Reiseprojekt ruft mich im Februar in den tiefen Süden, wo wir mit dem Schiff nie hinkamen – Feuerland, Patagonien, Chile, Osterinsel und Galapagos. Von der "Mitte der Welt",  4000 m hoch hinauf ins Hochland bis tief hinunter in den Süden, zum "Ende der Welt". Was ich dort entdecke, gibt es hier zu lesen...

 

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2.2.2020 –– Madrid – Quito

 

Es ist dunkel - ich habe keine Ahnung, wie spät es ist. Wie immer auf Langstreckenflügen verliere ich jegliches Zeitgefühl. Durch die Ritzen der Fensterabdeckungen dringt Sonnenlicht - also ist noch Tag. Weil ich nur 3 Stunden geschlafen habe und seit 3.30 Uhr früh auf bin, fühlt es sich ebenso wie Nacht an. Wieder einmal geht es zu neuen Ufern – und diesmal bis zum Pazifik. Das erste Mal für mich.

 

Vor zwei Tagen bekam ich Nachricht von der Florimell. Harald hatte leider einiges Pech – erst verpasst er den Zug nach Wien, dann 3 Tage später den Flug und alle Anschlussflüge. Schließlich gut am Rio Dulce angekommen, musste er mit elektronischen Problemen kämpfen - der Autopilot setzte alle anderen Instrumente Schach matt. Dann gab der Kühlschrank seinen Geist auf... und der Grippevirus kam mit einem Passagier an Bord und zwang den Captain in die Koje. Und zuletzt - vor 5 Tagen explodierte der Gasherd und Harald verbrannte sich die Beine! - Ich war geschockt.  Zum Glück ist nicht allzu viel passiert - die Verbrennungen heilen rasch und Harald hat bereits einen neuen Gasherd eingebaut. Nunja - ich konnte nicht viel tun... ich schickte die besten Wünsche in den Rio Dulce.

 

Der Flieger bringt mich und meinen kleinen Koffer (13 kg) von Madrid nach Quito, der Hauptstadt Ecuadors in den Ausläufern der Anden.  Eines der ältesten Kulturerben der Menschheit. Ich freue mich auf Südamerika, ein Kontinent der von der Antarktis bis über den Äquator reicht... 

 

Quito empfängt mich mit dunklem, regenverhangenen Himmel und angenehmen Temperaturen. Nur 20 km vom Äquator entfernt wird es bereits um 18.30 dunkel (und genau 12 Stunden zuvor, um 6.30 hell). Quito ist eine 2,5 Millionen Stadt auf 2.900 m Höhe, 50 km lang und 11 km breit. Umringt von 14 Vulkanen. 

Das Zimmer in der "Casasol" ist nett, sauber und das Bett angenehm... ich schlafe sofort ein, ist doch 20.00 Uhr bereits 2.00 früh in meinem Biorhythmus...

 

 

Ecuador - Quito - die Mitte der Welt

 

Ich teile mir das Zimmer mit Irene, meiner Reisegefährtin. Das Frühstück ist einfach: Ein Stück Wassermelone, Ananassaft, Kaffe, Tee, Butter, Guave-Marmelade und zwei süße Brötchen. Der Kaffee ist ausgezeichnet :) 

Wir treffen auf Luis, unserem Guide und es geht zu dritt in die Altstadt. Ich bin überrascht, wie sauber und schön Quito ist und erfahre, dass der Verdienst hier zwischen 600 und 3000 und mehr US-Dollar liegt! Also durchaus mit Österreich vergleichbar.

 

Quito war bereits in Urzeiten besiedelt. Lange vor den Inkas hatten sich hier Menschen nieder gelassen. Quitu bedeutet "Mitte" in der Sufiki-Spache. Und viele sehen es als die Mitte der Welt an. 

Wir besuchen die Basilika mit ihrem unglaublich schönen Glasrosettenfenster, das als einziges der Welt Orchideen  als Motiv hat. Gehen über das gotische Dach des Kirchenschiffes über Eisenleitern auf einen Turm hinauf und blicken über die Stadt. Luis ist ein Original-Ecuadorianer, lebt im Nebelwald und ist schon sein ganzes Leben lang Guide. Er hat ein immenses Wissen und sogar am Goethe-Institut Deutsch gelernt. Seine 3 Kinder studieren alle Medizin in verschiedenen Städten. 

Wir erfahren von ihm alle Infos zu den Unesco-Kulturereben, den ältesten und schönsten Kirchen und der Bevölkerung und ihrer Geschichte. Die Kirchen hier gehören zu den schönsten der Welt und sind innen prächtiger als außen. Wie marokkanische Moscheen wurde hier Schnitzkunst mit Blattgold geübt. Der Bischofspalast mit seinem romantischen Innenhof voller holzgeschnitzten Balkonen bietet sogar Zimmer an. Und eine große Baustelle zeugt vom aktuellen Metrobau! In einem Kakao-Spazialitäten-Laden trinke ich den besten Kakao meines Lebens! Wirtschaftlich deckt Equador 40% des Welt-Kakaobedarfs ab und exportiert 10 Millionen Schnittblumen TÄGLICH! Vor allem Rosen.

 

Zufällig findet am Hauptplatz vor dem Regierungsgebäude die wöchentliche Wachablöse statt. Ein 20-minütiges Riesenspektakel mit Blaskapelle, berittenen Soldaten und Infanteristen in  prächtigen Uniformen. Wir genießen es.

Als Mittagessen wählen wir typisch ecuadorianische Suppen - Kartoffelsuppe mit geröstetem Mais und eine Suppe mit gefüllte Bananenknödel.

 

Schließlich geht es mit dem Bus (den wir zu zweit für uns alleine haben) weiter zum "Panecillo", dem Vulkan-Dom exakt auf einer Linie mit der Basilika, auf dessen Spitze die Maria (Virgen)  über die Stadt wacht. Ihre Besonderheit sind die beiden Flügel auf Nackenhöhe. 

Unsere letzte Station ist die Äquatorlinie, 20 km nördlich von Quito...und dort sollte ich einiges lernen ;-)

Am Äquator

 

Genau vor 4 Jahren hatte ich meine Segler-Äquatortaufe am Atlantik. Jetzt stehe ich hier am höchsten Punkt, den der Äquator auf dieser Weltkugel erreicht. Und ich sehe mit eigenen Augen, wie das Wasser auf jeder Seite anders abläuft. Im Süden gegen den Urzeigersinn, im Norden im Urzeigersinn und genau auf der Äquatorlinie ganz OHNE Drehung! Direkt am Äquator gelingt es sogar ein rohes Ei auf einen Nagel zu balancieren!

 

Schon lange vor GPS wussten die Völker aufgrund der Sonnenuhren schon vor Jahrhunderten um diese Linie. Und in einem Freilichtmuseum kann man einiges über die letzten indigenen Völker , ihre Totems, Lebensgewohnheiten und sogar echte Schrumpfköpfe lernen. Nur die Meerschweinchenverkostung schlug ich aus...

 


Galápagos

 

Eines meiner Traumziele rückt näher! 

Der Flug von Quito zum Archipel de Colon – den Galápagos-Inseln – verläuft mit einer Zwischenlandung in Guayaquil, der wichtigsten Hafenstadt von Ecuador. Vom Flugzeug aus sind unzählige Wasserbecken zu sehen. Der Fluss Guaya mündet hier ins Meer – braun, nicht blau. Internationale Tanker liegen hier für Tuna, Kakao, Schrimps und Bananen vor Anker.

Menschen steigen aus – andere steigen zu, und es geht weiter auf den Pazifik hinaus…

 

Nach weiteren 50 Minuten kommen die Inseln in Sicht und wird es spannend, denn unser Pilot muss knapp über dem Wasser die Landebahn anfliegen, um möglichst rasch auf ihr aufsetzen und bis zum Ende der kurzen Strecke zum Stillstand kommen zu können. Er schafft das trotz Seitenwind und harter Landung ;-)

Zu Fuß gehen wir über das Rollfeld in die Ankunftshalle – ein Weißkittel mit Mundschutz hält jedem Passagier den Fiebermesser an die Stirn. Hat man das hinter sich und die Passkontrolle ebenso, darf man 100 US$ Einreisegebühr zahlen und mit seinem Koffer den Flughafen verlassen.

 

Es ist 14.00 Uhr und tropisch heiß – 36 Grad Celsius! Das Archipel liegt nur 32 Minuten südlich des Äquators. Umso mehr freut es mich, dass es in der Herberge ein kleines Pool gibt J in das ich sofort eintauche – das Wasser hat geschätzte 32 Grad – aber immerhin etwas kühler als die Luft ;-)

 

Eine Stunde später geht es zur Zunami-Zone, wo es eine schöne Bucht zum Schnorcheln geben soll. Der bizarre Weg durch Lavasteine und Kakteen ist lang… kleine Lava-Lizzards säumen den Weg… doch dann höre ich endlich die Brandung. Eine malerische Felsenbucht kommt ins Blickfeld, einige junge Leute wagen sich trotz größerer Wellen ins Wasser. Zunächst reizt mich das nicht, aber als ich vom Aussichtspunkt oben den ersten Seelöwen und einen Schwarm Goldrochen sehe – hält mich nichts mehr. 

Es ist nicht ganz einfach, bei der Brandung von den Felsen weg zu kommen, aber es zahlt sich aus: Schwärme von wirklich großen Fischen, zum Greifen nah… der Seelöwe geht ebenfalls auf Jagd und kreuzt mehrfach meinen Schnorchelweg… eine Wasserschildkröte schwebt dahin und lässt mich ebenfalls ganz nah an sich ran… ein riesiger Stingray … und als Höhepunkt und Seltenheit: der Schwarm Goldrochen! Majestätisch ziehen sie ihre Kreise in der Bucht, denn es gibt viel Plankton in der unruhigen See.

 

Erst als mir kalt wird, gehe ich aus dem Wasser… meine Lippen schmecken nur leicht nach Salz… offenbar ist der Pazifik nicht nur wärmer als der Atlantik, sondern auch salzärmer…

 

Die Sonne steht schon tief und der nächste Sandstrand ist nicht weit… Surfer nutzen die Brandungswellen und Seelöwen liegen neben den typischen Galapagos-Echsen faul in der Sonne. Ich bin fasziniert von der Ungeniertheit dieser großen Säuger. Menschen scheinen ihnen völlig egal zu sein. Erst als jemand unabsichtlich auf 1 m nahe kommt, stellt sich eine Seelöwin auf und pfaucht bzw. bellt den Störenfried an… der gerne raschest wieder auf Abstand geht. 

Die kleinen Babies liegen oft Stundenlang alleine in den Lavafelsen, während die Mütter jagen und fressen. Sie zu berühren wäre fatal, denn die Mutter würde sie durch den Fremdgeruch nicht mehr erkennen und das Baby wäre zum Tode verurteilt. 

Ich klettere über die Lavafelsen, beobachte die großen roten Galapagos-Krabben, Lizzards, Seelöwen, Pelikane und Surfer gleichermaßen. Ein Bursche spricht mit an, ob ich auch surfe… mit meinem wirren Haaren scheine ich den Surferlook zu haben… was ich leider verneinen muss ;-)

 

Seit dem Frühstück nichts mehr im Magen zieht es uns zu einem ecuadorianischen Abendessen (Fisch-Burrito) mit kaltem Bier – völlig zerzaust vom Schnorcheln, mit halbnasser Kleidung, aber auf einer Surferinsel stößt sich keiner daran… Aussteigerlook ;-) Die Preise sind allerdings keine Aussteigerpreise... Eine kleine Flasche Bier kostet hier 2,50 bis 5,00 je nachdem wie nah man der Wasserfront ist und der Burritto 18,00 Dollar. 

Es schmeckt dennoch und mit vollem Magen schläft es sich besser...

 

 

Die Insel Lobo

 

7.45. Heute geht es mit dem Boot zur Insel Lobo – strengstes Naturschutzgebiet.

War es bisher immer schwierig, wildlebende Tiere aus der Nähe zu beobachten, so haben sie hier keinerlei Angst vor dem Menschen. Mit unserem Park-Ranger gehen wir direkt bei Fregattvögeln und den berühmten blaufüßigen Boobies vorbei! Welch unbeschreiblich schönes Gefühl – mit Tieren so vertraut zu sein! Ein verlassenes Lizzard-Ei liegt am Boden und unser Guide erklärt, dass es einen blauen Dotter hat…

 

Halbwüchsige Seelöwen sehen in uns beim Schnorcheln potenzielle Spielgefährten und versuchen uns mit allerlei Kunststücken zum spielen zu motivieren J Sie schwimmen so schnell und so nah an mir vorbei, ja berühren mich sogar(!), dass ich kaum mit der Kamera nachkomme! Hey, ihr Übermütigen, ich kann nicht so schnell, wie ihr! Aber wir haben dennoch unglaublich Spaß miteinander…

 

Auf San Cristobal leben die Seelöwen in völliger Symbiose mit den Menschen. Sie liegen hier nicht nur am Strand, sondern auch auf Schiffen, Stegen, Piers, Parks etc. wo es ihnen gefällt. Es mangelt nicht an Film- und Fotomotiven!

 

Santa Cruz 

 

5.30 Tagwache – Fähre nach Santa Cruz. 

Einige deutsche Tourists sind mit dabei, ein englisches Paar ebenso. Dem normalen Reisen entwöhnt, fand ich es spannend, wie sich „Normaltouristen“ verhalten… die meisten zeigen sich introvertiert und manche sogar abweisend gegenüber Mitreisenden. Keiner lächelt oder kommuniziert. Welch ein Unterschied zu den Seglern! 

In den Buchten ankern wenige Segelboote – Catamarane und Monos… mich überkommt ein wenig Sehnsucht bei ihrem Anblick. Fahrtensegeln ist wirklich eine Lebenseinstellung… 

 

Auf Santa Cruz ist das Charles Darwin Schildkrötencenter und vor allem die Highlands mit den Vulkankratern und wild lebenden Riesenschildkröten. 120 Jahre alt... die Männchen 2 m lang! 250 kg schwer... so in etwa. Ich schlüpfe in einen echten Panzer und stelle mir das Leben einer Riesenschildkröte vor... Die Weibchen wandern zur Zeit gerade hinunter ins Tal, um dort Eier in Vulkansand zu legen. Rangers sammeln Eier und bringen sie ins Darwin-Center zum brüten. Und - auch wenn diese Riesen aussehen, als wären sie tod - sie leben! Der Kopf ist schwer und wenn sie schlafen, liegt er da, als würde er nicht mehr dazu gehören...

 

Eine einheimische Garnelensuppe mit Ei, Kartoffel und Nudeln füllt meinen Bauch, eine Grille zirpt direkt vor meinem Fenster und irgendwo ist ein Gecko, der seinen unverwechselbaren Laut von sich gibt. Mir fallen die Augen zu… Bunas Noches Amigos!

 

Seymore Norte

 

Inselausflug nach Seymore Norte. Dort gibt es die „goldenen Iguanas“ ;-) Unzählige liegen hier verteilt in der Sonne – träge und faul saugen sie die Wärme auf… aber das täuscht, denn wenn sie wollen, flitzen sie in affenartiger Geschwindigkeit durch das Gestrüpp! 

Freggattvögel und Boobies haben Junge und wieder ist es faszinierend, wie nah Tiere Menschen an sich ranlassen, wenn sie nicht als Feind verstanden werden. Wie schön wäre es, wenn das überall so wäre…

Ein Inguana-Skelett auf einem Stein lässt Wüstengefühle aufsteigen :) Immer wieder sieht man auch tote Vögel liegen - wenn sie sich im Kampf einen Flügel brechen und nicht mehr jagen können, bleibt nur noch das Warten auf den Tod...

 

Beim Schnorcheln treffe ich diesmal auf große Meeresschildkröten – ebenso wenig scheu – und riesige Papageienfische... 2 Stunden im Wasser und am Strand... leider traf ich auch auf alte Bekannte - die Sandflies :( zum Glück hatte ich in weiser Voraussicht meine Antihistaminsalbe eingepackt ;-)

 

Der Abend klingt bei den "Kioskos" aus… typische Fischerstände, die Essen aus dem Meer anbieten… es wird lustig mit einem kolumbianischen Reiseleiter, der 4 Frauen im Schlepptau hat – davon zwei aus Deutschland… :-)

 

 

Viel gäbe es noch zu erzählen über dieses Archipel. Über 100 Inseln, von denen 13 größer sind und lediglich 5 bewohnt: Santa Cruz, San Cristobal, Isabella, Floriana und Batra (Militärstützpunkt). Im 16. Jahrhundert zufällig vom spanischen Bischof aus Panama entdeckt, weil er vom Kurs nach Peru abkam und im 17. Jahrhundert von Seeräubern als Versteck genutzt. 200 Jahre später bekamen sie ihren heutigen Namen nach den riesigen Galapagos-Schildkröten. Galapago bedeutet auf spanisch "Wulstsattel", womit man damals diese riesigen Reptilien benannt hatte. 1832 nahm Ecuador die Inseln von den Spaniern in Besitz und 1835 bereiste sie Charles Darwin. Danach hatten sie eine bewegte Geschichte von Strafkolonien bis hin zum Nationalpark und UNESCO Weltnaturerbe.

Als Vulkaninseln direkt über einem Hot-Spot sind sie nach wie vor aktiv und der letzte Vulkanausbruch war 2018. Drei Meeresströme treffen hier aufeinander und bewirken eine einzigartige Nahrungsvielfalt, die der Grund dafür ist, dass die Schildkröten hier so riesig wurden und Vögel (Kormorane) ihre Flügel verloren, weil sie nicht mehr für ihre Nahrung fliegen mussten. 7 Klimazonen bewirken eine reiche Artenvielfalt, wovon einige endemisch (nur hier vorkommend) sind, wie z.B. der Galapagos-Seelöwe, der G.-Seebär, zwei Rattenarten, der Galapagos-Pinguin, der Darwin-Fink, die G.-Riesenschildkröte und div. Echsenarten. Der Rest der über 200 Tierarten kommt auch auf anderen Erdteilen vor. 

Lebten Anfang des 20. Jhd.s ca. 400 Menschen hier, so sind es heute bereits 26.000! Haupteinnahmequelle: Tourismus. Rinderfarmen in den Highlands und reicher Fischfang sowie fruchtbare, feuchte Erde garantieren Selbstversorgung. 

 

... aber schon heißt es wieder Abschied nehmen von Galapagos! ... und so leid es mir tut, freue ich mich auf das nächste Ziel - eines, das ich seit 40 Jahren besuchen möchte - Die Osterinsel!

 


Rapa Nui – Isla de Pascua – Die Osterinsel

 

...in the middle of nowhere.

 

Völlig verwirrt liege ich im bequemen Bett des kleinen Bungalows nahe des Flugplatzes. Umsäumt von den hier typischen Hibiskusbüschen, die in allen Farben blühen. 

War es am Äquator um 18.30 schon dunkel, ist es hier um 23.30 noch immer hell! Daher meint mein Körper, es ist noch früh und meine Müdigkeit lässt trotz Flugstress auf sich warten. 

Es ist nicht so ohne – die Distanzen dieses riesigen Kontinents sind gewaltig. 3 h Flug von Galapagos nach Gayaquil – 5 h weiter nach Santiago de Chile. Um 2.00 Uhr endlich ins Bett des Flughafenhotels. Um 6.15 Weckruf zum Flughafen – und erneut 5 h Flug zur Osterinsel.

 

Seitdem die NASA 1984 den Flugplatz als Notlandestation für Raumfähren ausbaute, können auch Großraumflugzeuge landen – was zu einem enormen Anstieg des Tourismus geführt hat. Die Infrastruktur ist jedoch sehr bescheiden. Einwohner wurden 2017 ca. 7800 gezählt, wovon der Großteil aus chilenischen Zuwanderern besteht. Andererseits leben ca. 2000 Rapa Nui in Chile. 

 

Diese kleine Vulkanspitze ist das einsamste Stück Land der Welt. Im Umkreis von über 2000 km (Insel Pitcairn) gibt es kein bewohntes Land, Chile ist über 3500 km entfernt und Tahiti liegt 4251 km weit weg. Derzeit leben ca. 8000 Menschen auf dieser einsamen Insel und pro Tag kommen und gehen ca. 500 Touristen in der Hochsaison. Obwohl sie politisch zu Chile gehört, ist es der östlichste Zipfel Polynesiens und sowohl die Rapa Nui als auch ihre Sprache ist klar aus der westlichen Inselwelt.

 

Die ersten Moais entdecke ich in Hanga Roa – insgesamt gibt es noch 887 auf der ganzen Insel. Bis heute weiß man nicht genau, wozu sie angefertigt wurden. Auch ihre Entstehungsart und -zeit ist umstritten. Den Touristen wird jedoch erzählt, dass sie als Häuptlingsgräber gedient haben. Allesamt stehen sie mit dem Rücken zum Meer – bis auf eine Anlage, die jedoch betreffend ihrer Echtheit umstritten ist. Die Statuen sind ausnahmslos männlich, der überproportionale Kopf hat lange Ohrläppchen, der Körper endet unterhalb des Bauchnabels mit langfingrigen Händen. Am Rücken waren ursprünglich Tätowierungen.Die Größe schwankt von 3 bis 9 Metern und das Durchschnittsgewicht einer Moai ergibt 12,5 Tonnen! Ihre Anfertigung wurde plötzlich von einem Tag auf den anderen aufgegeben. Es wurden sogar liegen gelassenes Werkzeug gefunden. Warum das so plötzlich eingestellt wurde, weiß man nicht. Es gibt nur Vermutungen. 

 

Vor der auflandigen Felsenküste liegen ein Cargo-Frachter und zwei kleine Segelboote – ich muss schmunzeln… weiß ich doch um deren Probleme bei der rolligen See. Und tatsächlich suchen sie abends beide wieder das Weite… Richtung Westen. Die vulkanischen Felsen bieten hier kaum Ankergrund, die Küste fällt 3000 m in die Tiefe ab und die Klippen gehen bis zu 300 m hoch hinauf. Umso mehr sind die beiden unerschrockenen Segler zu bewundern – der Wunsch, die Moai (Steinköpfe) zu sehen muss schon groß sein, dass ein Segler diesen Kurs einschlägt. Meist bleiben sie nur einen Tag, um kurz an Land zu gehen und abends wieder in den sicheren tiefen Ozean hinaus zu segeln… ich schicke ihnen einen stummen Gruß hinterher.

Die Verwirrung wird größer, als mein Handy im Frühstücksraum 2 Stunden früher anzeigt als im Zimmer. Und am 3. Tag muss ich damit leben, dass die Zeiten hin und her springen. Offenbar ist sich das GPS nicht sicher, in welcher Zeitzone ich gerade bin!

 

Noch seltsamer wird es, als Fotos aus meiner Kamera verschwinden – komischer weise nicht alle – sondern nur bestimmte – leider die besten vom Steinbruch und den Generations-Moais! - Wie auch immer – irgendwie ist es strange.

 

Die Ausflüge mit dem Bus sind für mich eher schlimm… bin ich doch solchen Gruppen völlig entwöhnt. Noch dazu liegt ein Kreuzfahrer vor Anker und dementsprechend viele Touris sind heute unterwegs. Ich gehe immer etwas abseits, um möglichst ohne sie auszukommen. 

 

Iorana! – heißt auf Rapa Nui soviel wie „Hallo!“, „Servus“ oder „Ciao“! In einem netten Surf-Café gibt es um 8000 Chilenische Pesos eine Quesadilla mit Pineapple und Schrimps. Einheimisches Bier um 3500 Pesos… umgerechnet sind das 9,30 und 4,- Euro. Also typische Touristenpreise. 

Nicht alle Rapa Nuis sind freundlich. Die Menschen hier sind gespalten. Einerseits leben sie vom Tourismus – andererseits wollen sie die Massen nicht. Als kleine Insel haben sie ein massives Müllproblem, das sie auf die Touristen schieben – aber selbst auch einiges produzieren an Aludosen und Petflaschen etc. Die Latam-Air nimmt pro Flieger 2 Tonnen Müll mit als Ausgleich für ihr Tourismusgeschäft. Aber das allein ist nicht der Grund für das widersprüchliche Verhalten...

 

Den Namen „Easter-Island“ bekam die Insel von dem Niederländer Roggeveen, der 1722 im Auftrag der West-Indian-Trade-Company am Ostersonntag hier landete. Davor war sie ein sagenumwobenes Mysterium. Alle seefahrenden Nationen gaben sich hier ihr unterschiedlichstes Stelldichein – von Kartographen über Naturforscher bis hin zu peruanischen Sklavenhändlern. Bis zwei Franzosen hier eine Schreckensherrschaft errichteten und beinahe die ganze Bevölkerung ausrotteten. (nur noch 111 Personen blieben 1877 übrig) 1888 übernahm schließlich Chile die Herrschaft um die Insel an Engländern zur Rinderzucht zu verpachten. Und im 1. Weltkrieg spielte das Eiland bei deutschen Panzerkreuzern eine Rolle. Anfang des 20. Jhds kam es endlich zu einem Aufstand der Bevölkerung, der jedoch von Chile niedergeschmettert wurde. Die Insulaner waren gezwungener maßen chilenische Staatsbürger, durften aber keinen Pass haben und die Insel, ja nicht einmal ein abgesperrtes, umzäuntes Gebiet um Hanga Roa, verlassen! Erst der Kapuzinerpater Sebastian Englert kümmerte dich um die Bevölkerung und der Diktator Augusto Pinochet war der erste, der ein politisches Wohlwollen für die Insel entwickelte und ihre Eigenständigkeit förderte. Bis heute kämpfen die Menschen hier für ihre Unabhängigkeit und sind daher nicht alle wohlgesonnen.

 

Waren die Galapagos-Inseln die artenreichsten, so ist die Osterinsel aufgrund ihrer exponierten Lage die artenärmste im Pazifik. Vor 1000 Jahren noch von einem dichten Palmenwald bedeckt, ist davon nichts mehr zu sehen. Man kann nur vermuten, dass die massive Rodung mit der Herstellung der Moai zusammenhing, die als Häuptlingsgrab gedient haben sollen. 

 

Es braucht nur einen Tag, um mit Hanga Roa vertraut zu sein, so überschaubar ist der Hauptort dieser Insel. An Ständen wird allerlei Ramsch angeboten. Vor allem für die Kreuzfahrtpassagiere, die einmal pro Woche hier ankommen. Doch bei einem kleinen Stand ganz hinten entdecke ich handgravierte Steine mit der einzigartigen RongoRongo-Schrift, die es nirgendwo sonst auf der Welt gibt. Sie sieht wunderschön aus und jede Zeile ist zur vorhergehenden gegenläufig und auf dem Kopf stehend geschrieben. Man beginnt links unten, liest nach rechts und dreht die Tafel am Ende der Zeile um 180 Grad. Die Schrift selbst ist eine mit Lautzeichen durchsetzte Bilderschrift... doch sind bis heute alle Übersetzungen gescheitert. 

 

Aus irgendeinem Grunde wurde die Insel ca. 1300 völlig entwaldet und im 17. Jhd. begann die Zerstörung der Moais, die angeblich von den Insulanern selbst umgeworfen wurden. Man erklärt sich das heute mit den ausgehenden Ressourcen… eventuell Stammeskriegen oder weil es zu viele Häuptlinge gab und die Herstellung der Steinskulpturen zu viele Ressourcen benötigte. Man weiß es jedoch nicht wirklich. 

 

Heute ging es zu den ältesten Moais – sie standen auf einer Mauer (Ahu Vinapu), die, ähnlich wie bei den Inkas, bis heute keine Rassierklingen in ihre exakten Fugen schieben lässt… doch auch hier weiß man nichts Genaues.

 

Auf einer Anhöhe erwartet uns der Krater des Ranuo Kau. WOW! Riesig und sehr impossant. Hier - im Zeremoniendorf Orono – wurde der „Vogelmann“-Kult abgehalten, der auf den Moai-Kult folgte. „Tangata Manu“ – ein Mischwesen aus Fregattvogel und Mensch. 

Jedes Frühjahr schwammen junge Männer zur 1400 m entfernten, vorgelagerten Insel Motu Nui, um ein Ei der Rußseeschwalbe zu finden. Wer als erster ein unbeschädigtes Ei zurück brachte, wurde zum Vogelmann erklärt und genoss einige Privilegien. Sein Häuptling wurde für 1 jähr König über alle Stämme. Während dieser Tage zogen die Menschen in die dortigen Steinhäuser, die alle einen Blick auf Motu Nui haben. 

Die zahlreichen Lavahölen der Insel wurden als Initiationsräume genutzt. 

 

Das Totora-Schilf, womit früher u.a. Boote, Häuser und Kleidung hergestellt wurde, hat nur in den Kraterseen überlebt. Der ebenfalls ausgestorbene endemische Toromiro-Baum kann heute nur noch in botanischen Gärten anderer Länder bewundert werden. 

Heute gibt es Süßkartoffeln, Yams, Zuckerrohr, Bananen, Ananas, Taro, Hühner und Rinderzucht auf der Insel. Früher wurde weit mehr Landwirtschaft betrieben, denn in Berichten der Entdecker wurden große Felder an den Hängen der Küsten erwähnt. 

 

Doch auch damals gab es schon kaum Fisch in den Gewässern. James Cook trug in sein Logbuch 1768 – 1779 ein: „Die See scheint wie von Fischen befreit, konnten wir doch nicht einen einzigen fangen und  es waren auch nur sehr wenige, die wir bei den Eingeborenen entdeckten.“

 

Vermutlich war auch das ein Grund, weswegen die Bevölkerung so massiv zurück ging. Allerdings sind in den tiefen Gewässern rund um die Insel Pottwale und Riesenkalmare zu finden. Hier gibt es auch die meisten Tiefsee-Vulkanschlote und man entdeckt in ihrem bizzaren Lebensräumen immer wieder neue Spezies. 

 

Heute besuchten wir unzählige Moai – unglaublich beeindruckend der Steinbruch im heiligen Berg der Insel - Rand Raraku. Danach zu dem größten Ahu der Insel mit 15 Generationen Moai - Tongariki. Weiter zu Te Vito Kira (dem Nabel der Welt - ein magnetischer Eisenstein) und zum einzigen Sandstrand der Insel mit alten Moai - Anakena. Das Wetter war herrlich und ich konnte unglaublich schöne Fotos machen - die leider alle wieder verschwanden. 

 

… ok soweit – ich geh jetzt auf ein Bier, um meinen Ärger über die ca. 300 verlorenen Top-Fotos von der Insel runterzuspülen!!!! All die Bemühungen um besondere Perspektiven umsonst. Noch dazu waren sie perfekt bei so einem Traumwetter!! – Der einzige Trost ist, dass es auch einige Moais gibt, die offenbar beim Transport zerbrochen sind… auch da war die ganze Arbeit umsonst! Vielleicht sollte ich eine ähnliche Enttäuschung erleben... 

 

Aber ein paar Handy-Fotos kann ich zeigen... ;-) 

 

...der letzte Abend mitten am Pazifik ist gekommen - direkt am Wasser beobachte ich im Sonnenuntergang (mit dem wohlverdienten Bier) einige Surfer, Ruderer, mittlerweile bereits 4 Segelboote (!) und einen Frachter in den seichten Wassern vor der Nordküste der Insel. Die deutschen Urlauber aus dem Tourenbus kommen auch vorbei - setzen sich aber paarweise immer für sich, sehr reserviert und auf das Eigene bedacht. Reisen als Konsum statt als Lebenseinstellung. Ganz anders, als die Seglercommunity, die ich die letzten Jahre gewohnt bin. Ich sehe zwei Dinghies bei den Fischerbooten - irgendwo sind also Segler an Land. Gern würde ich mit ihnen plaudern, wie es ihnen auf der Überfahrt von Panama hierher ergangen ist. 

Aber sie sind nicht zu sehen - es ist auch viel los in der kleinen Stadt - Festival-Zeit. Wie bei uns der Fasching oder in der Karibik der Carneval wird auch hier gefeiert. Auf einer Bühne werden die traditionellen Tänze vorgeführt. Ein freudvolles Vergnügen - bis uns ein Wolkenbruch überrascht und bis auf die Haut durchnässt.... 

...der heutige Tag war mehr als merkwürdig - aber dafür unvergesslich!

 

Tja - damit heisst es - "Iorana Rapa Nui!" (Auf Wiedersehen!)

Morgen geht es leider wieder retour aufs Festland - Santiago de Chile... wo es dann mit einer kleinen Gruppe durch Chile bis Patagonien weiter gehen wird...

 


Chile

Santiago de Chile

 

Es ist heiss in jeder Hinsicht. Geht es bei uns in Österreich vielleicht hie und da etwas hitziger zu, so kocht es hier über. Die Demonstrationen in Chile seit Oktober 2019 reissen nicht ab. Erst vor 2 Wochen kamen dabei wieder 4 Menschen ums Leben. Alle Sehenswürdigkeiten sind durch Protest-Graffitis entstellt. Kunstwerke haben rot bemalte Augen als Zeichen für die brutalen Methoden der hiesigen Polizei, die mit Tränengas und Streumunition die Aufstände niederschlug. Es wurde der Ausnahmezustand über die Stadt verhängt.

Das Leben geht weiter, aber die Chilenen sind in Aufruhr. Berittene Polizei, vergitterte Streifenwägen und Panzerwägen ziehen die Runden durch die Stadt. 80 U-Bahn-Stationen und einige Häuser wurden in Brand gesetzt. Die Sachschäden werden auf mehrere 100 Millionen Euro geschätzt. Aber die Bürger sind wütend, zu oft wurden sie von der Regierung für dumm verkauft. Die gute Wirtschaftsentwicklung wurde nicht weiter gegeben, die Preise ständig erhöht, das Wasser von Nestle privatisiert etc. Die Menschen verdienen oft kaum mehr als 400,- Euro im Monat und haben die 8. Preiserhöhung in den letzten 2 Jahren erlebt. Häuser, Geschäfte und Kirchen haben Wellblechschutz vor den Fenstern. Das Parlament ist großräumig abgesperrt. Die alte Elite sieht Chile Venezuela nachfolgen und heißt diese Ausschreitungen nicht gut. Wir trafen am Flughafen von Hanga Roa einen 80 jährigen Niederländer, der seit 60 Jahren in Chile lebt und Miele-Geräte vertrieb. Für ihn sind das dumme unüberlegte Reaktionen. 

Für die chilenische Jugend ist es allerdings eine Aufbruchsstimmung. Und schon bald will Regierungschef Pinera eine neue Verfassung ausrufen. Freitag ist Demo-Tag - d.h. es wird morgen wieder Unruhen geben...

 

 

Die 7 Millionen-Stadt hat ihre schönen Seiten, ist aber sehr staubig und trocken. Am besten gefiel mir der Fischmarkt mit seinen Kuriositäten ;-) (Seepocken, Meeresspinnen, Seeigel etc.)

Seit es hier auch Einwanderer aus Haiti, Peru u.a. gibt, ist die Stadt angeblich bunter geworden. Doch im Vergleich mit Quito, gewinnt eindeutig letztere.

In einem Restaurant spricht uns eine Chilenin an, die mit ihren Söhnen gerade Geburtstag feiert. 4 Söhne und alle sind im medizinischen Bereich tätig. Einer ist Augenarzt und hat jede Menge zu tun derzeit (wegen der Demonstrationen) - sie fragt, sogar, ob wir Augentropfen brauchen, denn sie hat welche dabei. Weil sie so teuer sind, verteilen sie sie an die Menschen - vor allem an die Demonstranten. 

Eine andere Kuriosität ist das "Café der Beine" - der sind die Stehtische so designed, dass "Mann" die Beine der Damen bewundern kann. Ich sah ausschließlich männliche Kunden ;-)

Morgen geht es mit dem Bus weiter nach Valparaiso...

 

Valentine in Valparaiso

 

Die "Perle des Pazifik" wird diese Stadt genannt - nach einem Seemannslied ;-) Und es ist wirklich eine Perle - mit unzähligen Facetten. Weltkulturerbe der Unesco aufgrund der vielen Wandmalereien und Graffitis, die ursprünglichen Wellblechfassaden der englischen Mittelschicht aus dem 18. Jahrhundert, Künstler aller Art, Fachwerkhäuser, der Hafen mit der Chilenischen Armada u.a.m. Ein buntes, lebendiges Stück Chile, in das man mit einem bewegten Nachtleben eintauchen kann. Wir bummeln stundenlang durch die Gassen der Stadt und werden nicht müde, die Hausfassaden zu fotografieren. Wir besuchen ein Wohnhaus des berühmten Poeten Pablo Neruda - das als eines von seinen drei Wohnorten unglaublich romantisch-verspielt gefüllt mit Kuriositäten aus aller Welt ist. Ein atemberaubender Blick über die 42 Hügeln der Stadt, die - ebenfalls kurios 30 Schrägbahnen besaß, wovon 15 noch in Betrieb sind.

Mittags entscheide ich mich für den typisch chilenischen Fisch "Reineta" ein flacher Fisch (aber kein Heilbutt) in köstlicher Zitronensauce. Der Hafen ist überschaubar und gibt Frachtern und Kreuzfahrern Raum. Auf einer Ansteuerungsboje leben 3 Mähnenrobben, die von Fischern gefüttert werden und daher jedes vorbeikommende Schiff freudig begrüßen. Es liegen hier auch einige Millitärschiffe, ein Forschungsschiff sowie ein Schulungsschiff am Pier.

Obwohl es in den letzten Jahren mehrere Erdbeben und Brände gegeben hat, macht diese pulsierende Stadt einen ungebrochen aktiven Eindruck. Touristen aus aller Welt tummeln sich in den Straßen. Die Schulen sind derzeit in den Sommerferien von Weihnachten bis März geschlossen, daher sind die meisten Kinder bei Verwandten am Lande, da die Eltern trotz Ferien arbeiten müssen...

Nach einem lustigen Abend mit der Gruppe inklusive Pisco Sour (den Ivonne spendierte, weil sie die Gruppe eine halbe Stunde warten ließ) bin ich in meinem Bett unter einer Stiege im verwinkelten Hotel DaVinci. Ein typisches Tramperhotel... und morgen gibt es chilenischen Kochunterricht  ;-)

Kochen auf Chilenisch ;-)

 

Heute besuchen wir einen Kochkurs - mmmh ! Es gibt 4 Gänge und - natürlich darf der Pisco Sour nicht fehlen! Wir starten gleich los mit dem Teig für Empanadas und hier ist das Geheimnis: Weißwein statt Wasser! Er verliert im Rohr seinen Alkohol und macht den Teig luftiger und mürber. Die Gemüsefüllung mit Melanzani wird nur leicht gewürzt und auch hier gibt es mehrere Insidertipps: Jede Empanada bekommt ein viertel hartgekochtes Ei, eine Olive und eine Rosine in die Füllung! Der Teig muss mit einer gewissen Technik gefüllt werden, damit er nicht reißt. Jede Empanada hat eine bestimmte Form - je nachdem, ob sie mit Fleisch, Vegetarisch oder mit Fisch oder Meeresfrüchten gefüllt wird. Daran erkennt man sie auch auf den Ständen. Dazu gibt es Pebre - eine typische Beilage, oft auch als Vorspeise - die ich sofort als eines meiner Lieblingsspeisen erkläre. Zwiebel, Knoblauch, Tomaten, grüner etwas scharfer Paprika und vor allem grüner Koreander fein hacken und mit "Merken" Gewürz - eine geräucherte (!) Chilisorte abgeschmeckt - einfach unglaublich lecker! 

Der Hauptgang Charquican besteht aus bestimmten Gemüsen mit oder ohne Fleisch. Nur mit Kreuzkümmel und süßem Paprika gewürzt.

Während die Empanadas im Rohr backen und das Hauptgericht kocht - mixen wir den Pisco Sour. Pisco ist ein Weinbrand aus den Pisco-Trauben, Muskateller-Trauben, die als Most destilliert werden. Sonst darf es keine Zutat geben. Das Destillat ist honigfarben und riecht nach Nelken. Es kommt also Pisco, Eis, Zitronensaft und Eiklar in einem bestimmten Verhältnis in den Shaker und jetzt heißt es schütteln, bis kein Eis mehr zu hören ist... dann hat er die richtige Konsistenz mit seinem typischen Schaum ;-) SALUT!

Und als Nachspeise Frutos con Miel de Palma - Kaktusfeigen und Nektarinen mit dem besonderen Palmenhonig, den eine Palme erst ab ihrem 500. Lebensjahr geben kann! Diese Honigpalmen werden ca. 2000 Jahre alt und haben ganz kleine Minikokosnüsse, die man ebenso essen kann! 

 

Wir genießen ein herrliches Mittagessen - die Rezepte werden uns per mail nachgeschickt... vielleicht mach ich ja mal einen chilenischen Abend :))

 

Nachmittags erkunden wir die öffentlichen Verkehrsmittel - es geht zum nahen Strand, wo sich im Hochsommer die meisten Valparaisaner tummeln. Dort angekommen komme ich mir wie in Spanien oder Italien vor... nur dass der Pazifik hier um einiges kälter ist - ca. 16 Grad. Es ist kühl - trotz Sonne. Die Menschen liegen eher am Strand als im Wasser. Also gehe ich lieber ins Museum für indigene Artefakte. Und hier sind neben alten Knochen, Keramiken, religiösen Kultobjekten etc. auch 3 wirklich sehenswerte Schrumpfköpfe ausgestellt. Den ersten sah ich an der Äquatorlinie nahe Quito. Diese hier sind imposanter... wie sie hergestellt werden, seht ihr in meinem Quito-Reisebericht weiter oben - auf den Wandmalereien. Mich amüsierte, wie die alten Keramiken mit Gesichtern verziert wurden. Kein Topf ohne spezielle Persönlichkeit!

Retour fahren wir mit dem Bus, dessen Fahrer eine äusserst rasante Fahrweise an den Tag legt - die Tür immer offen, fahrend, auch wenn Leute am Trittbrett stehen - bin ich froh, einen Sitzplatz zu haben. Ich probiere noch ein typisches chilenisches Erfrischungsgetränk: "Mote con Huesillos" - ein Gericht aus Weizengraupen und getrockneten Pfirsichen - naja, ok - einmal probiert ist genug.

Nach einem ausgedehnten Spaziergang durch die bunten Gassen rund um unser Hotel (auch hier gibt es eine "Scala" ;-) heißt es wieder Koffer packen - morgen erwartet uns wieder ein Reisetag mit Flug und Bussen... es geht in die Atacama-Wüste!

In die Atacama-Wüste

Nach einem kurzen Flug nach Calama, der Arbeiterstadt der Kupferminen und des Salpeterabbaus, und 90 Min. Busfahrt kommen wir in unserem Hostel in SanPedro de Atacama an. Es erinnert mich an Marokko - alles ist aus herrlich ockerfarbigen Lehm gebaut!

San Piedro war eine wichtige Oase in Karawanenzeiten. Hier konnten Kamele und Menschen auf ihrem Weg über die Anden versorgt werden. Doch die Atacama-Wüste war bereits vor den Inkas besiedelt und es gibt sogar Ausgrabungen aus dieser Zeit.

Wir geben die Koffer auf unsere Zimmer und wollen den Sonnenuntergang in der Atacama-Wüste erleben. Also geht es nochmal 1 Stunde in die trockenste Wüste der Welt... Ich kenne schon mehrere Wüsten, aber es ist immer wieder ein Erlebnis, diese ästhetische Leere zu erblicken und Stille zu spüren. Wir gehen eine Weile durch den Sand zwischen Felsformationen bergauf und erblicken von einem Grat aus die größte Sanddüne weit und breit. Sie ist dunkler als die Dünen, die ich bisher in Afrika und Brasilien gesehen habe, und geht sanft in andere Formationen über. Ich wandere den schmalen Grat weiter bis zu einem Gipfel. Hier bricht es steil ab und eröffnet einen unbeschreiblichen Ausblick... Die Zeit steht still... obwohl die Sonne untergeht.

Es ist 7.00 Uhr. Gestern Abend war es noch lustig und es wurde später... wir trafen 3 Motorrad-Fahrer aus der Schweiz, die seit 3 Monaten und noch bis April durch Südamerika fahren :) Pisco Sour und Bier begleiteten ein köstliches Gemüsecurry. Daher kann ich jetzt einfach noch nichts frühstücken, mein Magen schläft noch... also packe ich einen Toast ein.

Heute geht es auf 4200 m Höhe! Da ist es auch schon windig und kühl. Temperaturschwankungen hat man hier zwischen -7 und 40 Grad im Schatten - wobei ich hier tagsüber gefühlte 60 erlebt habe...

Der erste Stopp – genau am Wendekreis des Steinbocks. Wie alle wissen, befinden sich die Wüsten dieser Welt auf den Wendekreisen... Krebs im Norden und Steinbock im Süden. Und da der Himmel hier doch hin und wieder ein paar Regentropfen verliert, finde ich sogar blühende  Pflanzen!

Der Tag wird beeindruckend. Die höchsten Vulkane am Horizont bilden eine wunderschöne Silhouette. Die Färbungen der Wüste bezaubert und die Salzseen sowie die roten Steinformationen, die Petras Rojas,  lassen schlicht den Atem anhalten - viel Atem hat man in der Höhe sowieso nicht ;-)

Wir haben sogar das Glück einige wilde Bewohner dieser weitläufigen Steppe zu sehen: Vicunjas und Guanakos (lamaartige Tiere), Viskachas (Kaninchenart), Suris (Straußartige Laufvögel) und Flamingos!

 

Auf der längsten Geraden der einzigen Straße durch dieses Gebiet ist so wenig Verkehr, dass man hier auch mal meditieren kann :)

 

Wie ist es, Farmer in der Wüste zu sein?

 

...diese Frage brachte uns zu einer indigenen Farmerfamilie, die die alte Tradition der hier ansässigen Menschen weiter lebt. Der Farmer Wildo empfängt uns freundlich und zeigt uns sein "Buch des Wissens", wie er es nennt - in dem er alles lesen kann: den Mais. Er hat einige Beispiele an Sorten und Farben vorbereitet und ich wurde noch nie so tief in das Wissen über Mais eingeweiht ;-) Ich war überrascht und erstaunt, was man an einem Maiskolben alles ablesen kann - wie er gepflanzt wurde, welche Körner weiblich und männlich sind, welche man zum Essen und welche man zum Säen verwenden sollte, warum sie bunt werden und vieles mehr. Wir erfahren, wie die Atacameños säen, ernten und kochen. Welche Rituale sie abhalten und was dazu nötig ist. Ja, sogar, wie sie ihre Zukunft aus der Ernte lesen und wann ein Schamane geboren wird. 

Früher wurde Wasser nur von den Flüssen und Regen aus den Bergen bezogen und war dementsprechend wertvoll. Auch heute noch ist der Fluss rot von den Mineralien der Erde und wenn einer austrocknet, bleibt eine weiße Spur an Salzen zurück. Das Obst und Korn schmeckt hier besonders süß und die Menschen wurden sehr alt, bevor die Zivilisation sie mit CocaCola und Red Bull einholte. 

Ich darf an der ehrenvollen Aufgabe, Mehl aus Algarrobis-Baum (ähnlich Johannisbrot) und Chañar (karamellig schmeckende Nüsse) herzustellen, teilhaben ;-) Dabei soll man mit dem nötigen Respekt an die Sache herangehen, erklärt Wildo, denn die Mahlsteine sind heilig und die Menschen begrüßten und verabschiedeten sich früher von ihnen. 

Besonders spannend war der Kochprozess des weißen Mais, der mit Asche gekocht wird, wodurch er seine Schale verliert! Danach wird er aufbewahrt, um später zu Patasca (Maisgericht) weiter verarbeitet zu werden.

Auch Yin & Yang ist in Indiosform vertreten - für Rituale in der hellen und dunklen Jahreshälfte. Für die Rituale wird nur schwarz-Violetter Mais mit 12 geordneten Kornreihen (!) heran gezogen...

Der höchste Vulkan der Erde, Ojos del Salado 6893m!)  wird hier als väterlicher Schutzpatron verehrt - zusammen mit Pacha Mama, der Mutter Erde. Ihnen wird, gemeinsam mit den verstorbenen Vorfahren, vor jedem Säen und nach jedem Ernten ein Dankbarkeitsopfer dargereicht, in Form von Schnaps und Früchten. Die dafür vorgesehenen Beutel und Tassen sind heilig - und er findet es nicht gut, wenn sie als Handtaschen an Touristen verkauft werden, die keine Ahnung haben, wofür sie eigentlich bestimmt waren. Jede gewebte Linie hat hier eine Bedeutung. Und er benützt die Beutel seiner Vorfahren je nach eigenem Alter. Das Ehepaar ist 29 jähre verheiratet und hat 3 Kinder - 2 Töchter und einen Sohn. Alle schon groß und in Arbeit als Zahnarztassistentin und Tourguides. Sie interessieren sich ebenso für die alten Traditionen und wollen sie weitergeben. Er meinte generell, die Menschen sollten wieder mehr auf Pachamama hören... tja, wie recht er hat!

 

- Denn es wird bereits der nächste Raubbau betrieben:

Wo früher der Salpeterkrieg geherrscht hat, bahnt sich nun der Lithiumkrieg an... >> LINK

In Chile befinden sich die weltweit größten Reserven an Lithium. Von hier aus wird 40 Prozent des globalen Bedarfs an dem wertvollen Metall exportiert. "Saudi-Arabien des Lithiums" wird Chile deswegen genannt. Und es wird erwartet, dass sich die weltweite Nachfrage innerhalb der nächsten sechs Jahre verdreifacht.

 

Die Geysire der Atacama

 

4.00 Uhr Tagwache!

Nicht so einfach, wenn man erst um 23.30 ins Bett kam, danach aufgrund stickiger Hitze im Zimmer die Tür offen ließ, um dann ohrnah an nahen Tanzveranstaltungen teilzuhaben. Als endlich Ruhe einkehrte, hielt mich ein Moskito wach, danach Irene mit verstopfter Nase und dementsprechenden Schlafgeräuschen und irgendwie scheine ich dann mit Leintuch über Kopf doch noch 2 Stunden geschlafen zu haben. Natürlich am besten, als der Wecker losging ;-)

 

Wir müssen auch gleich auschecken, da wir nicht mehr in die Zimmer kommen nach unserer Rückkehr aus den Anden. Aber schließlich sitzen wir bei völliger Dunkelheit im Bus unterwegs nach Norden. Die Straßen rumpeln ordentlich – gestern konnten wir nicht fahren, weil sie teilweise überflutet waren. Immer, wenn es in den Bergen regnete, kommen Sturzbäche ins Tal, weil die Erde zu trocken ist, um Wasser aufnehmen zu können. 

Einmal schaue ich kurz nach vorne zum Fahrer und sehe im Scheinwerferlicht eine matschige löchrige Fahrbahn. Unglaublich, wie er mit dem Bus durchkommt, ohne stecken zu bleiben!

Zwei PKW stehen am Straßenrand, sie wagen sich nicht mehr weiter. Vor und hinter uns ein paar Jeeps. Manchmal geht es ziemlich steil hinunter neben der Straße…

 

Aber unser Fahrer hat den Bus gut im Griff und wir erreichen das Geysirfeld noch vor Sonnenaufgang als eines der ersten Fahrzeuge. Sogleich schwärmen wir aus um die Geysire zu sehen… Rauchschwaden füllen die Ebene… warm und schwer steigen sie auf. Ich stelle mich in eine hinein, weil die Temperatur gleich um 10 Grad wärmer ist… das Atmen fällt allerdings etwas schwerer.

Je lichter es wird, desto mehr können wir die kochenden Wasserspucker erkennen – und es gibt unzählige Formen und Farben – ingerahmt von den schneebedeckten Bergen ein bizarres Schauspiel.

Einige sind versiegt, andere erst jüngst entstanden – sodass die Wege immer wieder verändert werden müssen. Dieses Geysirfeld ist eines der größten der Welt (nach Yellowstone und Russland) mit über 10 Hektar – und mit 4200 m Höhe, das am höchsten gelegene. Es gibt auch ein Thermalbad – das wir gerne nutzen J Das Wasser ist jedoch rasch  abgekühlt auf ca. 29 Grad. Ganz nahe der zwei Geysire, die das Bad speisen, wird es dann doch ganz schön heiß. 

 

Leider müssen wir heute wieder zum Flughafen – zurück nach Santiago, von wo es dann weiter geht nach Punta Arena… also raus aus dem schönen warmen Wasser und mit einigen Verrenkungen auf eiskaltem Boden umziehen, um dann mit dem Bus wieder talwärts zu fahren. Diese Fahrt ist jedoch auch äußerst spannend – wir erleben Flamingos, Vañacos und Lamas aus nächster Nähe! Auch grasgrüne Vögel, und diverse Enten. 

Jetzt sehen wir auch den Zustand der Straße – ein Grund mehr für meine Hochachtung an den Busfahrer.

 

Santiago – Punta Arenas

 

Es ist Abend. Ich bin unterwegs durch die Stadt auf der Suche nach einem Koffergeschäft. Mein kleiner Hartschalenkoffer zerlegt sich bereits – 6 Stellen sind aufgerissen. Ich möchte nicht riskieren, mein Hab und Gut am Gepäcksband ausgestreut vorzufinden. In der Stadt gibt es wieder Demonstrationen – mit Gesichtsmasken und Steinen in der Hand rücken die Demonstranten vor – die Polizei ist wieder mit Wasserwerfern und Tränengas im Einsatz… aber ich bin weit genug davon entfernt.

Ohne Probleme kehre ich erfolgreich ins Hotel zurück und es geht mit den anderen in ein Restaurant mit typisch chilenischem Essen. Das seltsamste ist ein Maisauflauf mit Fleisch, Oliven und Rosinen. Sehr süß! Ich koste nur, da ich kein Fleisch esse – und es erinnert mich an unsere indonesischen Reisgerichte an Bord der Florimell ;-)

Ich esse mit Irene zusammen einen typisch chilenischen Fisch: Reneta. 

 

In diesem Moment, in dem ich das schreibe, sitze ich im Flieger nach Punta Arenas – wir überfliegen die Gletscher Patagoniens – der schönste Flug der Welt wird er genannt, da die Aussicht unbeschreiblich ist. Dementsprechend sind die Passagiere im Flieger unterwegs auf Fotojagd – und die Leute mit Beinfreiheit haben ziemlichen Andrang… ,-)

Auch ich erhasche ein paar Fotos durch das klitzekleine Fenster des Notausgangs auf Gletscherseen, Moränen und die berühmten Torres del Paine … WOW! Tatsächlich die schönste Aussicht bei einem Flug – ever!

 

Patagonien

 

Patagonien bedeutet „Land der Großfüßler“. Als Magellan das Land entdeckte hatte er Kontakt mit Menschen, die größer waren als die Besatzung seiner Schiffe und Fellschuhe trugen, die im Schnee natürlich ziemlich große Abdrücke hinterließen. Die Suche nach der Durchfahrt durch die Fjorde der südamerikanischen Südspitze war nicht einfach und es gab einige Fehlversuche, die den diversen Buchten ihre Namen gaben.

Magellan war der erste Weltumsegler! Wenn auch unfreiwillig ;-) Wie abenteuerlich diese Reise war, könnt Ihr hier nachlesen: https://www.dw.com/de/magellan-und-die-erste-weltumseglung/a-49898819

Von seinen Schiffen schaffte es das kleinste und wendigste rund um die Welt: Die „Victoria“ kann man als Originalnachbau in Punta Arenas besichtigen. Und spätestens da wird einem klar, was das für die Besatzung bedeutet haben muss! 

Hafenstädtchen mit Charme

 

Punta Arenas ist eine Arena der Nationalitäten. Am berühmten Friedhof gibt es nicht nur Spanier, sondern auch Deutsche, Franzosen, Italiener, Kroaten u.a.m. Viele Auswanderer und Matrosen haben sich hier eingefunden. Und einige blieben hier. Manche wurden reich - wie die Familien Braun oder Menendez. Mit Schafzucht und Schifffahrt. Sie nahmen sich, was sie brauchen und sind derzeit auch Angriffsziel der Demonstranten, die auch hier gewütet haben und Fenster einschlugen, Häuser beschmierten und auch Brände legten. Es klingt schlimm - aber das chilenische Volk hat Verständnis dafür. Somit sind die meisten Sehenswürdigkeiten derzeit mit roter Farbe verunstaltet. Ein Zeitzeugnis dieser Episode. 

 

Ich bin fasziniert von den riesigen chilenischen Zypressen und Thujen. Diese Baumriesen überragen Häuser um ein vielfaches und beherrschen das Stadtbild der Parks und großen Straßen. Am Hauptplatz steht Magellan - und neben ihm ein patagonischer Ureinwohner. Seinen Fuß küssen die Menschen, die hierher zurück kehren wollen. Er ist der letzte seiner Art - denn die "Großfüßler" wurden systematisch von den Europäern ausgerottet. Menendez zahlte für jedes Ohrenpaar 1 Goldstück - und sein bester "Killer" erhielt 240 Goldstücke. 

Immer wieder trifft man in Chile auf alte Straßenhunde. Sie haben ihre Freiheiten und niemand greift sie an. Am Hafen treffen wir auf hunderte Kormorane! :))

Und ich entdecke - ähnlich wie in Lyon - wunderschöne, täuschend echte Hausmalereien.

Abends geht es  in ein originelles Restaurant - und ich esse "Chadupe Chilote" und "Causeo encevichado" - Sehr lecker!! Der Pisco Sour hier ist unglaublich stark - sodass die Runde schnell sehr lustig ist :))

Puerto Natale

 

...mit dem Bus über Land. Am Weg durfte ich viele Tiere entdecken - Vanuacos, Schwäne, Flamingos, Ibisse, Schafe, Pferde, Rinder und die seltenen Nandus.

Die Stadt Puerto Natale ist unser nächstes Basislager. An einem Fjord gelegen, das auch Magellan als eine der letzten Hoffnungen erkundete. Es ist herrlichstes Wetter und sehr warm! Viele junge Leute sind hier unterwegs, denn es ist ein Zentrum für Naturwunder.

Ich bemerke, dass ich Halsweh bekomme und Schweißausbrüche... Shit! Offenbar waren die Klimaanlagen und das Kalt-warm der letzten Zeit doch zuviel. :( Für Kranksein ist aber jetzt keine Zeit! Morgen geht es zu einem weiteren Höhepunkt der Reise - zu den Torres del Paine! Die Trekking-Tour! Wie soll ich das schaffen?

 

 

Der berühmteste Berg Chile's – Die Torres del Paine

 

Als der Wecker klingelt – erwache ich mit Halsweh, Nackenschmerzen und Schweiß. Verdammt!  

Aber hierbleiben will ich auf keinen Fall. Aus lauter Verzweiflung nehme ich sogar Irene’s Rat an und gurgle das erste Mal in meinem Leben mit Eigenharn. „Bei Vegetariern ist es nicht so schlimm, da schmeckt er besser“ so ihr O-Ton. Na wie gut, dass ich kein Fleisch esse J

Tatsächlich ist danach das Halsweh vorübergehend völlig weg!

Beim Frühstück bekomme ich noch von Hildegard – der Ärztin in unserer Truppe – ein Präparat mit Shiitake und Ivonne, eine Pharmazeutin, hat Neoangin dabei. 

So trete ich die Reise zu den berühmtesten Türmen von Chile mit einem Aspirin, Shiitake und Neoangin intus an. 

Aber das Glück ist mir und auch allen anderen hold, denn statt dem üblichen Starkwind mit Wolken und Regen haben wir eines der überaus seltenen Schönwetterfenster erwischt! Das kommt laut Hans nur 1 bis 2 Mal in der gesamten Saison vor! Hans ist unser Bergführer – sein Großvater war Deutscher, der sich nach dem 1. Weltkrieg in Chile niederließ. Daher bekommen die Jungs in der Familie immer deutsche Namen ;.)

 

Der Wind ist warm, die Sonne ebenso… Ich binde mir ein T-Shirt um Mund und Nase – das schützt mich vor Staub und Wind. 

Die erste kleine Wanderung führt uns zu einem Bergsee am Fuße des Grande Paine mit den Cuernos (den Hörnern) – ein gewaltiger Gletscher. Im Sommer brechen Lawinen runter – mit lautem, dumpfen, tiefen Grollen erleben wir das mehrere Male… sofort wird alles still und lauscht, was der Berg zu sagen hat. Jedes Lebewesen im Umkreis – auch Mensch – hat Respekt vor diesem Naturschauspiel. 

 

Wir lernen von Hans, welche Beeren man essen kann – Calafate z.B. sehen aus, wie Heidelbeeren, wachsen aber auf Büschen. Sie schmecken etwas säuerlicher, aber sehr gut. Die Chilenen wie auch die Argentinier machen daraus Süßspeisen, Eis, Marmeladen etc. – was wir in den folgenden Tagen auch ausgiebig testen werden ;-)

 

Ich traue meinen Augen nicht – Guanacos! Direkt auf unserem Weg! Hans deutet uns, stehen zu bleiben… so signalisieren wir, dass keine Gefahr besteht. Eines legt sich hin und wälzt sich vor unseren Augen direkt am Weg hin und her… ein seltener Anblick! Guanacos sind nicht domestizierbar, sie leben immer wild. Hans erzählt, dass sie als erstes lernen müssen, über Zäune zu springen, denn die Schafzäune halten keinen Puma davor ab, auf Jagd zu gehen. Das Alpha-Männchen führt die Herde mit bis zu 15 Weibchen und Jungtieren an. Junge Männchen werden ausgestoßen und schließen sich oft zu Junggesellenverbänden zusammen, in denen es immer wieder zu Kämpfen kommt. Angeblich – so erzählen alle hier – beißen sich die Männchen im Kampf gegenseitig in die Hoden und diese sogar manchmal auch ab… damit ist dann die Nachkommen- und Vorherrschaft geklärt. 

Alle Guides scannen mit ihren Augen ständig die Gegend ab. Ein Puma ist eine ernstzunehmende Gefahr auch für den Menschen. Würde er angreifen, hätten wir keine Chance… jedoch ist das eher abends und nachts ein Thema. 

Ein Regenbogen erwartet uns in der Gischt des Salto Grande, dem großen Wasserfall… ein immer wieder faszinierendes Schauspiel, wenn sich Wassermassen ihren Weg bahnen. 

Am Basislager zu den Torres del Paine angekommen, füllen wir nochmal unsere Wasserflaschen… hier herrscht Abenteueratmosphäre… Radfahrer und Tramper aus aller Welt, von lower budget bis nobel, versammeln sich hier, um zu dem Naturwunder aufzubrechen. Man kann in Zelten, Jurten, Mehrbettzimmern oder auch im Luxushotel buchen. Dieses Gebiet ist privat – es gehört schon seit ca. 100 Jahren einer kroatischen Familie, die es damals von der Regierung gekauft hat. Alle Versuche, es zurück zu kaufen, blieben erfolglos. Kein Wunder, dieser Platz ist eine Goldgrube. Im staatlichen Teil gibt es nichts mehr. Keine Hütte, keinen Unterstand, nichts. Auch nicht am Berg direkt bei den Türmen. 

Die meisten reisen am Vormittag an und gehen bis zu einer Hütte. Dort übernachten sie im Zelt oder Stockbett, um dann am frühen Morgen die Etappe zu den Torres weiter zu gehen. Das ist auch unser Ziel. Wir haben also alles für eine Nacht im Rucksack dabei.

Schönheit und Trauer im Berg

 

Der Aufstieg beginnt sanft und steigt dann stetig an. Wir gehen in der Sonne, daher ist es warm bis heiß. Sonnenungewöhnte brauchen Kopfbedeckung. Und Wasser trinken ist jetzt äußerst wichtig. Der Wind ist staubtrocken und wirbelt auch noch Staub auf. Ich bin froh, meinen selbstkreierten Mundschutz zu haben ;-) wennauch ich unter ihm plus Stirnband und Fließjacke schwitze, ist es besser als dem Wind ausgesetzt zu sein. Ich denke an die Araber, die ebenso voll angezogen in der Wüste unterwegs sind und lenke mich mit der wunderschönen Aussicht ab. 

Unsere Gruppe teilt sich rasch in schnellere und langsamere Wanderer. 

Nach einer knappen Stunde warten wir unter einem schattigen Baum und blicken über die sagenhafte Landschaft – als wir unten etwas Ungewöhnliches bemerken. Hans schaltet sofort und rennt hinunter. Einer aus unserer Gruppe, ein 63jähriger Bayer, ist gestürzt – Oh weh! Ich gehe auch wieder zurück, um zu sehen, ob ich helfen kann – aber Hildegard, unsere Ärztin erkennt sofort, dass es das Herz ist! Während Hans und Viktor versuchen, Joe (Name geändert) anzusprechen, wird klar, dass es ernst ist. Zufällig treffen wir auf eine Wandergruppe mit Ärzten, Cardiologen – also Fachkräfte. „Wir haben hier ein Problem, es ist ein Herzinfarkt“ sagt eine junge Ärztin – „wir brauchen sofort einen Krankenwagen!“  Das ist nun aber in der Wildnis von Chile nicht möglich!

In Joe‘s Rucksack finden sich Blutverdünnungs- und Cholesterin-Pillen. Hildegard hatte schon früher bemerkt, dass Joe mit rasselndem Atem Pause machte und hatte ihn gefragt, was los sei. Er meinte jedoch „Alles gut – ich muss nur langsamer machen!“ 

Während zwei Ärztinnen, ein Cardiologe und Hildegard abwechselnd mit der MundzuMund-Beatmung  weiter machen, rennt Viktor wieder ins Tal, um einen Krankentransport zu versuchen… Hans hilft und ruft alle Parkranger per Funk an… Nach 15 Minuten sind zwei weitere Ranger da und geben Anweisungen weiter. Nach weiteren 5 Minuten kommen die Gauchos von allen Seiten mit ihren Pferden. Über die ganze Zeit wurde beatmet – aber ohne Erfolg. Joe hat bereits seit 15 Minuten keinen Puls mehr… 

 

Es kommt wie es kommen muss... Polizei ist unterwegs… es gibt keine Möglichkeit einer Ambulanz – nur Pferde können auf das Gelände, die brauchen jedoch eine Trage, die es nicht gibt… alles dauert zu lange – und es ist die Frage, ob es auch schneller etwas genützt hätte… 

 

Nach 1 Stunde müssen wir als Gruppe ohne Bergführer den Weg zur Hütte antreten – denn es wird zu spät und wir müssen vor Einbruch der Dunkelheit irgendwo unter kommen. Hans, Viktor und Hildegard müssen nachkommen…

 

Mit traurigem Herzen und bei ständig stärker werdendem Wind gehen wir die Strecke weiter. Wir schweigen oder versuchen, zu verstehen, was passiert war. Nur die Naturgewalten holen uns wieder aus unseren Gedanken – am „Windy-Pass“ zerrt der starke Wind an uns und prüft unsere Standfestigkeit. Was für Patagonier normaler Wind ist, ist für uns bereits Sturm. Aber wir kommen dennoch gut über den Grad und sind wirklich erleichtert, als wir in der Dämmerung die Hütte entdecken.

 

Hier geht es ebenso international zu wie im Basislager, nur viel uriger. Alle sind bereits informiert und wir bekommen unsere Stockbetten. So imposant die Wildnis hier ist, wir haben im Moment kaum einen Blick dafür. Mit einem Bier setzen wir uns in den Aufenthaltsraum und besprechen die Ereignisse immer und immer wieder. Was hätte man tun können? Selbst die Cardiologen konnten nicht helfen ohne medizinische Ausrüstung. 

Am Abend zuvor meinte Joe noch bei einem Bier „Hier gefällt es mir, hier könnt ich bleiben!“ Und später erfahren wir, dass er partout jetzt nach Patagonien wollte. Er wäre in einem Monat in Ruhestand gegangen – aber es musste gleich sein. 

…so scheint es, als ob er seinen Traum noch wahr gemacht hatte. 

 

Vor Dunkelheit kommen noch Viktor und Hildegard gut in der Hütte an. Sie hatten noch der Polizei Bericht erstatten müssen. Joe konnte noch immer nicht abtransportiert werden, er war weit größer als die meisten Patagonier hier. Es musste erst eine geeignete Trage gefunden werden, die an den Pferden festgemacht werden konnte. 

Hans ist immer noch unten bei ihm. 

Unsere ursprüngliche Absicht, um 4.00 früh bei Dunkelheit loszugehen, um die Torres bei Sonnenaufgang zu erleben, ist kein Thema mehr, denn es ist klar, dass wir nicht so bald ins Bett kommen. Wir müssen abwarten, bis unser Bergführer wieder verfügbar sein würde.

 

Das Abendessen ist zünftig und gut, wir kappen den mitgebrachten Wein und stoßen auf Joe an. Wie es weiter geht, würden wir nach dem Frühstück erfahren. 

 

Als ich gegen Mitternacht das WC aufsuche, höre ich Hans mit Viktor im Gastraum reden. Na immerhin ist auch er gut angekommen. Bei dem Sturm in der Dunkelheit hochzukommen ist nur für erfahrene Bergführer möglich. Mit Stirnlampe und Messer war er aufgestiegen. Stirnlampe für die Sicht, das Messer für etwaige Pumas – wobei ihm das im Falle eines Falles auch nichts geholfen hätte. Aber es gab ihm Sicherheit. 

Ich krieche wieder in meinen Schlafsack und lausche dem Sturm, der am Dach und an den Fenstern rüttelt… Bei all der Aufregung hatte ich meinen grippalen Infekt völlig vergessen…

 

Aufstieg und Abschied

 

7.00 Uhr Frühstück… Das Halsweh meldet sich wieder, aber ich ignoriere es.

Hans ist professionell – er hat alles getan, was möglich war. Wenn jemand zu den Türmen aufsteigen möchte, geht er gerne weiter. 9 Personen aus der Gruppe, darunter auch ich, möchten das auch tun. Also gehen wir mit leichtestem Gepäck los. Ich bin dankbar dafür und denke mir, wir gehen es für Joe, der es nicht mehr ganz geschafft hat. Der Rest der Gruppe macht eine kleine Wanderung und wartet in der Hütte auf unsere Rückkehr.

 

Es geht durch den Wald… über wilde Flüsse… grobe Brücken… sandige Abhänge bis wir schließlich das Moränenfeld erreichen. Jetzt heißt es über Felsen klettern. Mir geht es gut – mein Meniskus macht keine Probleme. Manche Passagen sind windgeschützt, manche nicht. Und da ist es gar nicht so einfach, das Gleichgewicht zu halten…

 

Da! Wir sehen schon die Spitzen der Torres! Jetzt nur noch über das Geröllfeld… Hans geht langsam aber zügig voraus und wir folgen… Und dann… endlich, nach den letzten Felsen… tut sich uns der überwältigende Anblick auf… 

 

Les Torres del Paine! Die drei Türme ragen aus einem türkisen Gletschersee auf!

WOW! 

 

Die ersten Momente nehme ich den starken Wind nicht wahr… ich sauge den Anblick ein. Dann halten wir es fotografisch fest… um dann wieder einfach nur dazusitzen und den Anblick zu genießen. 

Aber mehr und mehr Wolken verdecken die Sonne… und es wird kalt im starken Wind. Ich suche hinter einem Felsen Schutz und esse Nüsse. 

Hans bietet mir heißen Mate an, den typischen Tee, und ich nehme dankend an. Er erzählt, dass er in Heidelberg studiert hat, BWL, und mit dem Rad über die Dolomiten gefahren ist! Leider hat er die Tiroler trotz seiner Deutschkenntnisse überhaupt nicht verstanden… „Das tu ich auch nicht!“ lache ich und wir plaudern ein wenig über Berge und die Möglichkeit, sie zu bereisen.

 

20 Minuten dürfen wir rasten, dann geht es wieder hinunter. Das Wetter wird schlechter. 

Der Abstieg ist nicht ohne, die hohen Felsen wieder hinuntersteigen ist für Knie und Hüfte nicht günstig. Ich borge mir einen Stock und damit geht es viel leichter. Runter geht weit rascher als rauf und schließlich kommen wir glücklich wieder bei der Hütte an. Wir werden lachend empfangen – Helga umarmt uns alle – froh, dass es allen gut geht.

 

Ein rasches Mittagessen und es geht ins Tal… ich schlage vor, bei der Stelle von Joe‘s Tod eine Gedenkminute einzulegen und Hans greift es auf. Helga und Stefan beginnen ein Steinzeichen zu errichten und wir legen alle einen Stein dazu. So können wir uns alle von Joe verabschieden… es hat uns gefreut, dich kennen zu lernen! Gute Reise – und komm gut an!

El Calafate

 

Heute fällt das Aufstehen extrem schwer. 7.00 Uhr. Nach dem 3. Tipp auf die Schlummertaste schäle ich mich aus dem Bett… es geht zum Busbahnhof – und über die grüne Grenze nach Argentinien.

Wir erhalten an der chilenischen Grenze unseren Ausreisestempel im Pass. Dann geht es 10 Minuten durchs Niemandsland. An der argentinischen Kontrolle wieder Passkontrolle und Einreisestempel. Aber – wir müssen nochmal zurück, den 2 Chilenen bekommen keine Einreisegenehmigung! Also muss der ganze öffentliche Überlandbus wieder umdrehen und zur chilenischen Grenze zurück fahren! Dort steigen die Beiden mit betretenene Gesichtern aus, sie müssen ihre Reisepläne ändern… 

Für uns geht es jedoch ohne weitere Passkontrolle über die Grenze und weiter nach El Calafate. Viktor erzählt uns die Hintergründe der Grenzziehung zwischen Argentinien und Chile, die sich bis heute noch nicht wirklich gut verstehen.

 

Das Hotel ist wie in den 60er Jahren eingerichtet und recht originell. Etwas außerhalb der Stadt aber direkt am Lago Argentino gelegen. 

 

Es stürmt noch immer, als wir das Vogelreservat erreichen und ich bin früh über meine 3 Jacken übereinander, die dem Wind standhalten ;-) ich gehe abseits der Gruppe und genieße die Pause für mich alleine. Über 50 Spezies leben hier, ich sehe davon mehrere Entenarten, Schwarz- und Weißhalsschwäne, rotbäuchige Vögel und jede Menge Flamingos J

 

Vom Wind zerzaust und durchgeweht landen wir danach in einem typisch argentinischen Restaurant und genießen nach dem langen Tag ein ausgiebiges Abendessen mit herrlichem Rotwein…

Das ewige Eis

 

Die letzten Tage der Reise sollen noch einige Überraschungen bereit halten!

 

Neugierig ging ich an Bord des Bootes „Cruz del Sur“. Es bringt uns von der Seno Mayo-Bucht durch das Naturschutzgebiet „los Glacieres“ am Lago Argentino zu der Bilderbuchlandschaft der Bahia Torro und des Cerro Negro. Ich wundere mich über das milchig-türkise Wasser, das die Milch jedoch immer exakt einen Meter vom schwarzen Sand des seichten Ufers zurück hält. Die Milch stammt von den Gletschern, die viel Sediment und Mineralien frei setzen – doch warum der letzte Meter am Ufer frei von dieser Milch ist…?

 

Die Luft ist unglaublich gut und ich nehme einige tiefe Atemzüge. Im Urwald gehen wir an alten Baumriesen vorüber… und an einer imposanten Felswand fällt Wasser in Kaskaden herab. Die Bäume hier sind allesamt von einem Moränenrutsch vernichtet worden und liegen wie gestrandete Wal-Skelette da. Ich stelle mir die Ureinwohner Patagoniens vor, die von den Spaniern restlos ausgerottet wurden… 

Sie fürchteten sich vor dem Eis der Gletscher, seinen knackenden Geräuschen und Tsunami-verursachenden kalbenden Eismassen und näherten sich ihnen nur mit bemalten Körpern.

 

Wir queren den See bis zu einem Gletscher, der – im Gegensatz zu anderen – nicht kleiner wird, sondern durch den großen Niederschlag jedes Jahr wieder wächst! Und er hat noch weitere Besonderheiten – seine Eiszunge reicht über den See bis an eine Halbinsel heran, sodass man sein kalbendes Eis sowohl vom Wasser als auch vom Land aus betrachten kann. 

 

…und schon kommt eine blautürkise Eismasse in Sicht!

Der Captain steuert sein Schiff nahe an sie heran… und tatsächlich kalbt er gerade ins Wasser – welch faszinierendes Naturschauspiel… ich bin überwältigt von der 70 Meter hochragenden Eiswand, die sich seit Jahrtausenden in den See bewegt… ihre hochaufragenden Spitzen mit tiefen Spalten, die dunkelblau leuchten. Wie klein man sich hier fühlt!

Bisher kannte ich Gletscher nur mit schmutzig-schwarzer Schicht auf dem Eis – doch hier kann man noch die Leuchtkraft des Farbspiels bewundern. Abgebrochene Eisberge treiben im See… 

Seine Eismasse ist mit 30 km Länge und 254 km2 Fläche eine der größten. Er sperrt mit seinem 70 Meter über und bis zu 160 Meter unter Wasser-Eis den See zum Land hin immer wieder ab und auch jetzt erkennt man die zwei verschiedenen Wasserfarben der Nord- und Südseite der abgebrochenen Eisstücke!

 

Wenn der Gletscher alle 2 bis 4 Jahre den See komplett absperrt, staut sich das Wasser bis zu 25 Meter auf – und dann kommt es zu einem spektakulären Ausbruch, der sich zuletzt am 12.3.2018 ereignete. Solche Ereignisse werden von allen argentinischen Fernsehsendern und tausenden Menschen mit Hochspannung live mitverfolgt.

 

Unser Schiff legt an und wir gehen an Land der Magellan-Halbinsel, um nun von hier aus dieses Naturwunder betrachten zu können. Ausgedehnte Wege aus Eisengitter geben dazu viele Möglichkeiten…

 

 

 

Ushuaia – Das Ende der Welt

 

54° 48′ S, 68° 18′ W – am Beagle Kanal der Fjorde Feuerlands die südlichste Stadt der Welt.

 

Mit bereits fast 60.000 Einwohnern ist es hier viel dichter, als ich es erwartet hatte. Große Bautätigkeit zeugt von wachsender Bevölkerung. Es tut sich also mehr als man denkt am Ende der Welt – der offizielle Beiname der Stadt!

 

Die Bevölkerung ist ähnlich wie das Feuerland – sehr temperamentvoll!  Auch hier stellt sie das Konglomerat sämtlicher Nationen dar, denn die Ureinwohner und Seenomaden „Yamana“ oder Yaghan“ gibt es schon lange nicht mehr. Ihre Art war für die Entdecker so befremdlich, dass sie sie wie Tiere einfach ausrotteten. Selbst Darwin dachte in ihnen das Bindeglied zwischen Tier und Mensch gefunden zu haben! Dabei waren sie auf ihre Weise sehr weit entwickelt – und ein englischer Missionar machte sich die Mühe, ihre Sprache zu lernen. Er veröffentlichte ein Wörterbuch mit Übersetzung von über 30.000 Begriffen – zum Vergleich kam zu dieser Zeit auch der Duden mit einem Bruchteil an Wörtern raus ;-) Ihre Sprache war sehr differenziert – und Ushuaia bedeutet als Wort „die Bucht, die sich nach Osten öffnet“.

Nur 5 Nachkommen der Yaghan, die sich mit anderen Kulturen vermischt hatten, leben noch und 2 kennen noch die Sprache.

 

Der Beagle-Kanal, benannt nach dem Schiff von Robert FitzRoy, der die Wasserstraße 1831 entdeckte, ist neben der Magellanstraße eine natürliche Verbindung zwischen Atlantik und Pazifik. Hier gibt es jedoch einige Untiefen – sodass die große Schiffahrt entweder durch die Magellanstraße fährt oder Kap Hoorn umrundet.

 

Im Hafen liegen zwei kleine Kreuzfahrer, ein Forschungsschiff und einige Segelboote. Woher sie wohl stammen mögen…?

Wir kehren bei „Freddy’s“ ein – wo es angeblich die besten Königskrabben gibt und jeder kostet eine andere Zubereitungsart davon. 

 

Danach geht es mit zwei jungen Meeresbiologinnen geht es zur Estanzia Haberton, wo uns ein Boot zur Pinguinkolonie auf der Insel Martillo bringt. Eine erzählt begeistert, dass sie gestern eine Orka-Familie gesehen hätte! Manchmal kommen Wale durch den Beagle-Kanal. Und durch die Strömungen werden häufig tote Wale angetrieben – daher gibt es hier auch eine Forschungsstation, die sämtliche Tiere protokolliert und ihre Knochen sammelt und listet.

Ein kleines Museum gibt Gelegenheit, die Tiere des Feuerland-Meeres besser kennen zu lernen und man darf die Artefakte auch anfassen!

 

Auf der Pinguininsel werden wir erwartet – eine große Kolonie der Magellan-Pinguine brütet hier… eine kleinere Gruppe von Gentoo- oder Eselspinguinen ebenso. Und ein einziger Königspinguin hat sich vor einiger Zeit hierher verirrt!

 

Neugierig kommt ein Gentoo zum Boot. Ungeniert putzt er sich vor den Augen aller – wir haben strenge Anweisung, nicht näher als auf 4 Meter zu gehen, doch das lässt sich nicht immer einhalten, wenn Pinguine auf uns zu kommen oder direkt neben dem Weg, der durch das Brutgebiet führt sitzen oder liegen.

 

Ich kann nicht genug kriegen von den lustigen Bewegungen dieser putzigen Tiere und muss über ihre scheinbare Tollpatschigkeit an Land schmunzeln.

Ca. 4000 Tiere leben auf dieser Insel und als ich die ersten Schreie höre, weiß ich, warum die Gentoo auch Eselspinguine heißen ;-)

Der Sturm ist hier sehr heftig und dringt sogar durch meine 5 Schichten an Kleidung, die ich angelegt habe. 

Wieder mit dem Boot retour gibt es im einzigen Café am „Ende der Welt“ Kaffee und köstliche Schokotorte. Ein Sammelsurium an alten Dingen ziert den Raum während außerhalb der schönste Gemüsegarten seit langem zu sehen ist…

 

 

Kapitän am Paddelboot

 

Es regnet in Strömen. Übliches Sommer-Feuerland-Wetter eben.

Das hindert uns nicht, die geplante Wanderung durch den Nationalpark zu unternehmen. Wir fahren mit dem Bus zum einsamsten Postamt der Welt direkt am Beagle-Kanal. Der Postbeamte ist sehr eigen und man warnt uns vor, dass er seine Öffnungszeiten nach Lust und Laune gestaltet. Er soll auch schon Leute aus seinem Postamt geworfen haben. Aber uns scheint er wohl gesonnen. Leider habe ich meinen Pass heute nicht mit dabei – dafür hole ich mir den einzigartigen Stempel auf einer Postkarte „Limited Edition“ und ein paar spezielle Souvenirs. 
Auf der Wanderung zeigt uns unser Guide, wie sich die Ureinwohner vom Meer und Wald ernährt haben. Wir lernen einiges über Pilze, Gehölz, Beeren und Pfefferstauden, über Seetang und Fischfang. Der Wald ist voller Flechten und Moose – eine mystische Märchenstimmung…

 

Unser Busfahrer ist gleichzeitig unser Koch und serviert uns in einem Zelt unseren Mittagsimbiss – getoastetes Weißbrot mit Käse, Süßkartoffel und Kürbis und eine üppige Nachspeise zum Kaffee… frisch gestärkt geht es zur Paddeltour… ich hatte keine rechte Lust im Regen zu paddeln, aber jetzt schaut die Sonne raus… Wir bekommen Gummistiefel und Ölzeug… ich werde zum Steuermann und Kapitän bestimmt und in 3 Booten geht es den Fluss hinunter!

Ich sitze hinten und muss lenken und paddeln gleichzeitig. Einige Wasserduschen der Paddel meiner Vormänner lassen mich im Wasser sitzen. Aber ich habe viel zu viel zu tun, als dass ich mir Gedanken darüber mache. Teilweise mit Gegenwind und drehenden Strömungen müssen wir unser Ziel erreichen! Bei einer Brücke heißt es anlanden – raus aus dem Wasser – das Boot auf die andere Seite tragen und wieder weiterpaddeln. Unser Guide sitzt in einem Boot – er ist nicht sicher, ob wir dorthin kommen, wohin wir sollen – denn der Wind nimmt zu und bläst gegenan. Schließlich entscheiden wir, es zu versuchen. Ich feuere meine Crew an – 1,2,3,4,5,6,7,8.,9,10 und 1… gegen den Wind. Ich wechsle auf spanisch – und siehe da! Die Ruderer werden schneller! Un, Dos, Tres, Quatro, Cinco, Seis… etc. „Nicht aufhören, Conny!“ ruft Stefan, als ich einmal pausierte… der Takt ist wichtig! Ich rudere fest mit – als letzter „Mann“ wirkt mein Ruderschlag am stärksten. Mit der Zeit habe ich ein gutes Gefühl für die Steuerung bekommen – allerdings auch einen total nassen Hintern.

 

Glücklich angekommen müssen wir die Boote noch durch Flüsse bis zum Anhänger transportieren und einige versinken in den tiefen moorigen Pfützen. 

Ich bin durchnässt bis auf die Unterhose – das Ölzeug hat nichts gebracht. Gottseidank hat Irene eine Strumpfhose und ihren Outdoor-Stepp-Rock dabei – ich borge es mir gerne aus. – So steh ich in dieser „sexy“ Aufmachung vor dem Endpunkt der panamerikanischen Route J

 

Morgen ist wieder 6.00 Uhr Tagwache – das letzte Ziel dieser Reise: Buenos Aires.

 

Argentinien – Buenos Aires

 

Buenos Aires – Die Stadt der guten Lüfte. Heute wohl nicht mehr - dafür gibt es andere Attraktionen. Bei 30 Grad suche ich die Schattenplätze der Stadt...

Unser Rundgang führt Gottseidank durch einige Parks. Und bei einer Radtour kühlt der Fahrtwind :)

Es ist die letzte Station meiner Reise. Von hier geht es wieder nach Wien. Nach den vielen Naturschauplätzen wehrt sich etwas in mir gegen diese laute Großstadt, aber bald merke ich, wie ich mich wieder anpasse und die kulturellen Elemente genieße. Es ist Spätsommer hier und viele Bewohner sind in den Ferien. So ist die Stadt nicht so voll wie sonst, was ich als angenehm empfinde. Unser Guide erzählt viel über die Geschichte der Stadt - eine politische Berg- und Talfahrt mit dramatischen Ereignissen, die tief in der Volksseele sitzen. Evita ist wohl jedem Leser ein Begriff.

Argentinier gelten als politisch sehr interessiert und aktiv. Auch die Jugend! Die Bildung ist hoch und europäisch orientiert. Der Nationalstolz stark ausgeprägt, was sich besonders im Fußball zeigt ;-) Und natürlich Kunst, Musik und allem voran der Tango in Gesang und Tanz ein historischer Baustein, der nicht wegzudenken ist. 

Natürlich trinke ich Mate-Tee, den ich durch meine argentinische Verwandtschaft seit Kindheitstagen kenne, koste von der Dulce de Leche und finde tatsächlich eine Sorte, die mir schmeckt! Aber sogar hier bleibe ich meinem vegetarischen Grundsatz treu – was mir angesichts der Fleischberge auf den Tellern gar nicht schwer fällt  (Die Rinder hier werden wohl weit freier gehalten als in Europa, aber die Schlachthöfe sind um keinen Deut besser) – und übe den Grundschritt des argentinischen Tangos :)

2 Tage lang tauche ich in die argentinische Volksseele ein ... bis es wieder heißt: Adios Buenos Aires – Hola, Vienna!

Resümee

 

 

Als ich 17 war, wollte ich immer nach Südamerika... durch den Amazonas wandern, in Hängematten schlafen, alte Pyramiden entdecken... daher auch die Idee damals, Archäologie zu studieren... um reisen zu können. 

Heute mache ich Schritt für Schritt meine Jugendträume wahr. Ich reise - so gut ich kann - dorthin, wohin ich immer wollte... und entdecke die Realität meiner Träume. 

Nein, ich bin nicht enttäuscht. Im Gegenteil - diese Wunder versetzen mich ins Staunen... und relativieren mein Leben immer wieder aufs Neue. Und ich darf dankbar sein, das alles sehen und erleben zu dürfen.

Die Reise war unglaublich dicht, die Dimensionen dieser Länder für uns Europäer unglaublich. Je mehr ich in Südamerika entdecke, desto faszinierter bin ich. Gern hätte ich für all diese Eindrücke noch mehr Zeit gehabt. Manchmal vermisste ich das Segeln, das geruhsame Dahingleiten im Wasser... Doch mit einem Segelboot braucht es für eine solche Reise mindestens ein halbes Jahr. So habe ich die Segelreise der letzten Jahre auf Land fortgesetzt. Und auch diese Erfahrungen waren prägend.

Wie nach jeder Reise ist das Zurückkommen ein Eintauchen in eine andere Welt - es beginnt immer am Flughafen retour nach Europa. Die Menschen werden anders... und ganz anders dann auf dem Flug nach Wien. In Buenos Aires waren Militärs am Weg nach Zypern unter den Fluggästen... in Madrid die Sängerknaben nach ihrer Spanienrundreise, neben nicht wenigen Russen und Business-Leuten. Und ich tauche ein in die Corona-Hysterie... in die Ängste der Europäer und ihren Problemen... Vieles fühlt sich hier schwerer an. Doch ich will versuchen, die Leichtigkeit zu behalten... und wie im Argentinischen Tango spielerisch und doch leidenschaftlich das Leben feiern... denn - wie sich auf der Reise wieder deutlich gezeigt hat - man weiß nie, wie lange es noch möglich ist!

 

 

Auf ein Neues!

Cornelia